Beethoven und seine rheinischen Musikerkolleginnen: Bericht über die Tagung am 14. und 15. Dezember in Bonn
Die Tagung „Beethoven und seine rheinischen Musikerkolleginnen“, die vom 14. bis 15. Dezember 2024 im Beethoven-Haus in Bonn stattfand, widmete sich der spannenden Frage, welche Rolle Frauen in Beethovens Netzwerk spielten, wie sie sich künstlerisch behaupteten und ob sie politische Einflussnahmen mit ihrer Musik verfolgten. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler beleuchteten in Vorträgen die Lebenswege dieser Frauen und deren künstlerische, persönliche und gesellschaftspolitische Beiträge. Ludwig van Beethoven ist unbestritten eine der zentralen Figuren der Musikgeschichte, doch seine künstlerische Entwicklung und sein Werk sind untrennbar mit den kulturellen und sozialen Gegebenheiten seiner Heimatregion verknüpft. Insbesondere Frauen spielten in diesem Kontext eine bedeutende, wenngleich häufig übersehene Rolle.
Die Tagung bot dabei Raum für eine Vernetzung zwischen Forschenden, Musikerinnen und Musikern, Lehrenden sowie interessierten Laien. Ziel war es, die bisherige Forschung zu diesem Thema zu erweitern, neue Impulse zu setzen und eine breitere Öffentlichkeit für die Bedeutung der Frauen in der rheinischen Musikgeschichte zu sensibilisieren. Neben den inhaltlichen Zielen verfolgte die Tagung auch das Anliegen, langfristige Perspektiven für die Forschung und die Rezeption weiblicher Beiträge zur Musikgeschichte zu schaffen. So wurde das Bewusstsein für die Leistungen der rheinischen Musikerinnen gestärkt.
Rollen und Zuschreibungen der Frauen in Beethovens Netzwerk
In der Einführung unterstrich Prof. Dr. Christine Siegert, Leiterin des Forschungszentrums Beethoven-Archiv, die Bedeutung der Erforschung weiblicher Biografien in der Musikgeschichte. Zu oft blieben Frauen als Randfiguren hinter männlichen Kollegen verborgen, obwohl sie nicht nur als Interpretinnen, sondern auch als Förderinnen und Gestalterinnen der Musikkultur hervortraten. Diese Perspektive zog sich wie ein roter Faden durch die Tagung.
Caroline Brandt, die spätere Ehefrau von Carl Maria von Weber, wurde von Frank Ziegler in den Mittelpunkt eines Vortrags gerückt. Ziegler zeichnete nach, wie Brandt als Schauspielerin und Sängerin in Wanderbühnen und später am Prager Theater ihre künstlerische Karriere aufbaute. Trotz einer beeindruckenden Bilanz von über 100 gespielten Rollen und einem festen Engagement wurde ihr künstlerisches Wirken letztlich von den konservativen Ansichten ihres Ehemanns eingeschränkt. Webers Frauenbild, so Ziegler, reduzierte Caroline nach der Heirat auf die Rolle der Ehefrau und Beraterin, was sie jedoch mit Würde und Fachwissen erfüllte.
Susanna Neefe, Ehefrau von Christian Gottlob Neefe, wurde von Maria Rößner-Richarz vorgestellt. Susanna Neefe war eine vielseitig talentierte Frau, die sowohl auf der Bühne als Schauspielerin als auch als Sängerin auftrat. Nach ihrer Heirat war sie jedoch hauptsächlich als Ökonomin des Haushalts und später als Verlegerin tätig. Rößner-Richarz verdeutlichte, dass Susanna nicht nur die Arbeit ihres Mannes unterstützte, sondern mit ihren eigenen literarischen und organisatorischen Tätigkeiten eine wichtige Rolle in der Kulturszene spielte.
Ein weiteres Beispiel für die Rollenvielfalt war die Präsentation von Yishai Rubin über die Schwestern Anna Maria und Anna Jacobina Salomon. Rubin dokumentierte, wie die beiden als Sängerinnen in der Bonner Hofkapelle unterrichtet und gefördert wurden, jedoch letztlich nicht den gleichen Bekanntheitsgrad wie ihr Bruder Johann Peter Salomon erreichten. Ihre Karrieren endeten früh, was Rubin auf die begrenzten Möglichkeiten und hohen Anforderungen an Künstlerinnen in dieser Zeit zurückführte.
Auch Magdalena Willmann, eine Sopranistin und Zeitgenossin Beethovens, erlebte eine ähnliche Beschränkung ihrer Möglichkeiten. Dr. John Wilson, der per Videopräsentation zugeschaltet war, zeichnete ein lebhaftes Bild von Willmanns Karriere und ihrem Einfluss auf das Opernrepertoire ihrer Zeit. Trotz ihres Erfolgs endete ihre Laufbahn nach ihrer Heirat, was Wilson als charakteristisch für die gesellschaftliche Position von Frauen in der damaligen Musikszene beschrieb.
Künstlerische Karrieren
Die Tagung beleuchtete auch die künstlerischen Werdegänge von Frauen, die trotz aller Widrigkeiten beeindruckende Beiträge zur Musikkultur leisteten.
Dr. Matthias Wessel stellte in seinem Vortrag die Stuttgarter Komponistin Emilie Zumsteeg vor. Ihre Werke, die unter anderem im Bonner Verlag von Nicolaus Simrock erschienen, fanden über den Musikalienhandel ihrer Familie Verbreitung. Wessel zeigte, wie Zumsteegs familiäres Netzwerk eine Schlüsselrolle für ihren Erfolg spielte, zugleich aber auch Einschränkungen mit sich brachte, als ihre Werke nach dem Tod ihres Vaters im familiären Musikverlag ihres Bruders veröffentlicht wurden.
Ein weiteres Beispiel für die enge Verzahnung von familiären Strukturen und künstlerischer Arbeit boten die Töchter und Enkelinnen von Anton Reicha, die von Prof. Dr. Louise Bernard de Raymond und Prof. Dr. Fabio Morabito beleuchtet wurden. Sie zeigten, wie die Frauen der Familie Reicha durch ihre Bildung und ihr Engagement im kulturellen Leben Frankreichs zur Weitergabe des musikalischen Erbes beitrugen. Besonders Marguerite Saint-Genez, die sich als Salonnière und Unterstützerin junger Künstlerinnen und Künstler engagierte, wurde als Beispiel für die aktive Rolle von Frauen in der Förderung der Künste hervorgehoben.
Antolka Hiller, deren Lebensgeschichte von Florian Ilge vorgestellt wurde, erlebte eine vielversprechende Karriere als Sängerin, bevor sie in den Schatten ihres Mannes Ferdinand Hiller trat. Ilge illustrierte eindrücklich die Spannungen innerhalb der Ehe und wie Antolka trotz persönlicher Krisen und gesellschaftlicher Erwartungen weiterhin kulturelle Impulse setzte, etwa durch literarische Gesprächskreise.
Politische Tätigkeiten von Frauen in Beethovens Netzwerk
Die Frage nach politischem Engagement und der Nutzung von Musik als Ausdrucksmittel wurde in mehreren Vorträgen aufgegriffen.
Monica Klaus widmete sich Johanna Kinkel, einer Komponistin und politischen Aktivistin, die durch ihre Revolutionslieder und ihr Engagement im Vormärz auffiel. Kinkel nutzte ihre Kunst als Plattform für politische Botschaften und setzte sich mit ihren Liedern und Schriften für demokratische Werte ein. Klaus betonte, dass Kinkel in einer von Männern dominierten politischen Szene eine bemerkenswerte Ausnahme darstellte und ihre Werke nicht nur künstlerisch, sondern auch politisch relevant waren.
Auch die Enkelinnen von Anton Reicha, insbesondere Marguerite Saint-Genez, wurden als Beispiele für Frauen hervorgehoben, die gesellschaftspolitische Themen in die Kunstwelt einbrachten. Bernard de Raymond und Morabito zeigten auf, wie Marguerite durch ihre Salons einen Raum für intellektuellen Austausch schuf, der auch politische Diskussionen förderte.
Im Abschlussimpuls von Dr. Martin Schlemmer wurde die Sichtbarkeit und Rezeption der Leistungen dieser Frauen kritisch hinterfragt. Schlemmer führte aus, dass Männer häufig die Nachwelt ihrer Kolleginnen prägten, etwa durch die Vernichtung von Korrespondenzen oder die gezielte Marginalisierung weiblicher Beiträge in der Geschichtsschreibung. Diskutiert wurde auch, ob Frauen im Umfeld Beethovens wirklich als Kolleginnen auf Augenhöhe gesehen werden können oder ob sie vielmehr als Unterstützerinnen in der zweiten Reihe fungierten.
Susanne Kessel und Komponistinnen der „250 Pieces for Beethoven“
Ein besonderes Highlight der Tagung war das Konzert von Susanne Kessel am Abend des 14. Dezember. Im Rahmen ihres ambitionierten Projekts „250 Pieces for Beethoven“ präsentierte die Pianistin eine Auswahl zeitgenössischer Klavierwerke, die von Komponistinnen und Komponisten aus der ganzen Welt speziell für diesen Zyklus geschaffen wurden. Das Projekt, das anlässlich Beethovens 250. Geburtstag initiiert wurde, verbindet Vergangenheit und Gegenwart, indem es Beethovens musikalische Sprache aufgreift und in neuartige künstlerische Kontexte übersetzt.
Kessel eröffnete den Abend mit einem einleitenden Vortrag, in dem sie den kreativen Prozess hinter dem Projekt erläuterte. Werke von Komponistinnen wie Violeta Dinescu, Barbara Heller und Sarah Nemtsov spiegelten die Vielfalt der künstlerischen Reaktionen auf Beethovens Musik wider. Beeindruckend war die Komposition von Charlotte Seither, die in „Left Luggage“ auf den ersten Akkord aus Beethovens Klaviersonate Op. 31, Nr. 3 Bezug nahm, diesen jedoch in eine neue, meditative Klangwelt transformierte. Ebenso faszinierte Ruth Wiesenfeld mit ihrem Werk, das sich mit der philosophischen Dimension von Beethovens Schaffen auseinandersetzte. Die Komponistin selbst erläuterte ihren Zugang zu Beethoven.
Ein weiterer Höhepunkt war das Werk von Sara Nemtsov, die in einer experimentellen Klangsprache Akkorde aus Beethovens Klaviersonate Op. 111 schweben ließ. Die klangliche Tiefe und Präzision von Kessels Interpretation verliehen diesen Stücken große Wirkung und verdeutlichten die emotionale und intellektuelle Verbindung zwischen den modernen Kompositionen und Beethovens Werk.
Dmitry Gladkovs Klaviervortrag
Der zweite Veranstaltungstag begann mit einem Klaviervortrag des Bonner Pianisten Dmitry Gladkov, der mit seiner Darbietung zweier seltener Werke Beethovens einen musikalischen Akzent setzte. Gladkov interpretierte zunächst das „Adagio“ aus den „Zwei Stücken für Klavier“ WoO 51, das Beethoven Eleonore von Breuning gewidmet hatte. Die letzten elf Takte fehlen dem Werk. Ferdinand Ries hat sie vervollständigt, Gladkov selbst auch. Er spielte beide Versionen.
Anschließend folgte die Sonate WoO 47 Nr. 2 in f-Moll, ein Frühwerk Beethovens, das ebenfalls eng mit seinem Bonner Umfeld verbunden ist. Gladkov zeigte technische Brillanz und ein Verständnis für die dramatische Struktur der Sonate. Der Vortrag bot den Zuhörern eine seltene Gelegenheit, diese weniger bekannten Werke Beethovens in einer virtuosen und einfühlsamen Interpretation zu erleben.
Die Tagung „Beethoven und seine rheinischen Musikerkolleginnen“ bot eine differenzierte Betrachtung der Lebens- und Wirkungswelten von Frauen in Beethovens Umfeld. Von Künstlerinnen wie Caroline Brandt und Magdalena Willmann über Unternehmerinnen wie Emilie Zumsteeg bis hin zu politisch aktiven Persönlichkeiten wie Johanna Kinkel wurde deutlich, dass Frauen trotz zahlreicher Hürden entscheidende Beiträge zur Musikkultur ihrer Zeit leisteten. Die Diskussionen zeigten aber auch, wie sehr sie durch gesellschaftliche Erwartungen und die Geschichtsschreibung marginalisiert wurden. Die Tagung unterstrich die Notwendigkeit, diesen Frauen einen gebührenden Platz in der Musikgeschichte einzuräumen.
Veranstalter waren der Landschaftsverband Rheinland, LVR-Institut für Landeskunde und Regionalgeschichte, das Beethoven-Haus Bonn, der Landesmusikrat NRW e.V. und die Arbeitsgemeinschaft für rheinische Musikgeschichte.
Robert v. Zahn, 16.12.2024
Tagung „Beethoven und seine rheinischen Musikerkolleginnen“, Bonn, 14.-15.12.2024
Beethovens Bonner Zeit gilt als gut erforscht. Doch unzureichend sind die Wirkungen und Verdienste weiblicher Mitglieder der Hofkapelle, von Multiplikatorinnen im Musikleben und von Mäzenatinnen herausgearbeitet worden. Der Zeitraum dieser spannenden Phase reicht von der spätabsolutistischen Herrschaft der letzten drei Kurfürsten bis ins preußische Rheinland des frühen 19. Jahrhunderts. Die Tagung fragt nach den Rollen von Frauen im Netzwerk, das um Beethoven im Bonner Raum bestand, und nach dem Einfluss von Mäzenatinnen und anderen Frauen der Gesellschaft. Die Tagung wird musikalisch begleitet und umrahmt.
Der Landschaftsverband Rheinland, LVR-Institut für Landeskunde und Regionalgeschichte, das Beethoven-Haus Bonn, der Landesmusikrat NRW e.V. und die Arbeitsgemeinschaft für rheinische Musikgeschichte laden Sie herzlich ein zur internationalen Tagung Beethoven und seine rheinischen Musikerkolleginnen am 14./15. Dezember 2024 im Beethoven-Haus Bonn, Bonngasse 24-26, 53111 Bonn, Kammermusiksaal. Der Eintritt ist frei. Wir freuen uns auf Ihr Kommen! Um Anmeldung wird gebeten unter: rheinische-geschichte@lvr.de
Tagung: 14.-15. Dezember 2024, Beethoven-Haus Bonn, Bonngasse 24-26, 53111 Bonn, Kammermusiksaal
Kontakt: LVR-Institut für Landeskunde und Regionalgeschichte, Endenicher Straße 133, 53115 Bonn Tel. 0228 / 9834 0, rheinische-landeskunde@lvr.de, www.rheinische-landeskunde.lvr.de www.rheinische-geschichte.lvr.de
Programm
14. Dezember 2024
ab 9.30 Uhr Ankunft und Begrüßungskaffee
10.00 Uhr 3 Generationen Ries
Pianist Dmitry Gladkov, Bonn
Grußworte
Malte Boecker, Direktor des Beethoven-Hauses
Dr. Helmut Rönz, Leiter des LVR-Instituts für Landeskunde und Regionalgeschichte
Einführung
Prof. Dr. Christine Siegert, Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft für rheinische Musikgeschichte und Leiterin des Forschungszentrums „Beethoven-Archiv“
Teil I: Frauen in Beethovens sozialem und künstlerischen Netzwerk
Moderation: Dr. Helmut Rönz, Bonn
10.45 Uhr Gräfin Hatzfeldt
Prof. Dr. Birgit Lodes, Wien
11.30 Uhr NN
12.15 Uhr Die Schwestern Salomon
Yishai Rubin, Bloomington
13.30 Uhr Mittagspause
15.00 Uhr Caroline von Satzenhofen
Dr. Anna Sanda, Leipzig
15.45 Uhr Die Sängerin Magdalena Willmann
Dr. John Wilson, Wien
16.30 Uhr Kaffeepause
17.00 Uhr Eleonore von Breuning und ihre Tochter spielen Beethoven
Prof. Dr. Christine Siegert, Bonn
17.45 Uhr Beethovens Einfluss auf Johanna Kinkel durch Franz Anton Ries
Monica Claus, Bonn
18.30 Uhr Pause
Abendveranstaltung: 14. Dezember 2024, 20.00 Uhr, Kammermusiksaal
Susanne Kessel präsentiert in Worten und am Klavier das Schaffen von Komponistinnen im Rahmen ihres Projekts „250 piano pieces for Beethoven“ (Klavierwerke von Violeta Dinescu, Barbara Heller, Sarah Nemtsov, Alex Shapiro, Bente Leiknes Thorsen, Ruth Wiesenfeld u.v.a.)
Anschließend laden die Veranstalter zu einem gemeinsamen Get-together ein. Die Teilnahme ist kostenfrei. Interessierte sind herzlich eingeladen! Wir bitten um Anmeldung unter: E-Mail: rheinische-geschichte@lvr.de Tel.: 0228 / 9834 237
Sonntag, 15. Dezember 2024
ab 8.30 Uhr Kaffee
9.00 Uhr Klavierrecital Johanna Kinkel Pianist Dmitry Gladkov, Bonn
Teil II: Musikerinnen in der Öffentlichkeit
Moderation: Dr. Keywan Klaus Münster, Bonn
9.15 Uhr Beethovens rheinische Musikerkolleginnen in der Bonner Presse
Ivan Grbesa, Köln
10.00 Uhr Emilie Zumsteeg und der Bonner Verlag Nikolaus Simrock
Dr. Matthias Wessel, Minden
10.45 Uhr Kaffeepause
Teil III: Frauen als Weggefährtinnen und Botschafterinnen der Beethoven-Familie
Moderation: Dr. Katharina Thielen, Bonn/Saarbrücken
11.15 Uhr Schülerinnen von Johann van Beethoven
Yuval Dvoran, Bonn
12.00 Uhr Susanna Neefe (1752–1821) und ihre Rollen
Maria Rößner-Richarz, Bonn
12.45 Uhr Mittagspause
14.00 Uhr Caroline Brandt
Frank Ziegler, Berlin
14.45 Uhr Antoine Reichas Töchter und Enkelinnen
Prof. Dr. Louise Bernard de Raymond, Tours
Prof. Dr. Fabio Morabito, Edmonton
15.30 Uhr Sibylle Schaffhausen (1797-1857)
Judith Nüsser, Köln
16.15 Uhr Antolka Hiller, geb. Hogé (1820–1896)
Florian Ilge, Butzbach
17.00 Uhr Abschlussimpuls und Abschlussdiskussion
Dr. Martin Schlemmer, Duisburg
17.30 Uhr Ende der Veranstaltung
Zum Tode Klaus Wolfgang Niemöllers
Es verging wohl kaum ein Monat, in dem nicht in irgendeiner Zeitschrift oder einer Sammelpublikation eine Veröffentlichung von Klaus Wolfgang Niemöller erschien. Auch in seinem letzten Lebensjahr riss der Forscherdrang in ihm nicht ab. Zu seinen letzten Beiträgen zählte ein Aufsatz über den Cellisten und Gambisten Paul Grümmer in Köln, der sich um die Wiederentdeckung alter Aufführungspraktiken verdient gemacht hatte, für die Mitteilungen der Arbeitsgemeinschaft für rheinische Musikgeschichte. In der Nacht vom 12. auf den 13. April starb Prof. Dr. Klaus Wolfgang Niemöller, geb. am 21. Juli 1929 in Gelsenkirchen, in seinem Haus in Köln im Alter von 94 Jahren.
In Köln hatte auch sein akademischer Werdegang begonnen. Von 1950 bis 1955 studierte er hier Musikwissenschaft und wurde mit der Dissertation über Nicolaus Wollick (1480-1541) und dessen Musiktraktat promoviert. Die Habilitation galt der Musikpflege an den deutschen Lateinschulen vor 1600. 1975 bis 1983 leitete er das Musikwissenschaftliche Seminar an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster als Direktor, 1983 bis 1994 des Musikwissenschaftliche Institut an der Universität zu Köln. Seine Forschungsgebiete blieben vor allem Musiktheorie und Musikleben im Mittelalter, Musikgeschichte des 19. und 20. Jahrhunderts sowie eben die komplette Musikgeschichte des Rheinlands. Daneben gibt es kaum ein Forschungsfeld, in dem nicht der eine oder andere Aufsatz Niemöllers erschien.
Niemöller war zudem ein Wissenschaftsorganisator. Als Präsident der Gesellschaft für Musikforschung, als Vorsitzender des Joseph Haydn-Instituts in Köln und von dessen Ausgabe „Joseph Haydn Werke“, als Vorsitzender der Robert-Schumann-Forschungsstelle in Düsseldorf und deren Schumann-Gesamtausgabe sowie in vielen weiteren Funktionen lenkte er Wissenschaftsgeschehen, förderte Nachwuchskräfte und gab wichtige inhaltliche Impulse.
Musikgeschichte des Rheinlands war immer eine Leidenschaft Klaus Wolfgang Niemöllers und als Emeritus widmete er ihr ganz besondere Aufmerksamkeit. Immerhin hatte er schon in den 1980er Jahren als Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft für rheinische Musikgeschichte den regionalgeschichtlichen Verein an deutsche Wissenschaftsstandards herangeführt. Eine seiner einflussreichsten Arbeiten für die Regionalgeschichte war die Aufarbeitung jüdischen Musikmäzenatentums in Köln (in: „Die Moderne im Rheinland“, Köln, 1994, S. 225-241), die viele Weiterentwicklungen durch andere und durch ihn selbst bewirkte (zuletzt in: „Musik im preußischen Rheinland (1815-1918)“, Kassel, 2019; Seite 119-153).
Viele Redakteure von Zeitschriften und Schriftenreihen kennen Niemöllers Einsendungen bestens, samt ihren im einzeiligen Abstand gehaltenen weit gezogenen und langen Absätzen, angefüllt mit Exkursen, mit biographiscn Erläuterungen, die gerne vernetzte Persönlichkeiten miteinbezogen, und mit vielen Annotationen. Immer war Neues darin, das Impulse für weiteres Arbeiten gab.
Die musikwissenschaftliche Welt und in ihr die Arbeitsgemeinschaft für rheinische Musikgeschichte und auch ihr Dachverband, der Landesmusikrat NRW, verdanken Klaus Wolfgang Niemöller viel und werden sein Andenken in Ehren halten.
Robert von Zahn, Köln, 17.4.2024
Ferdinand Hillers Messe in C-Dur wird in Gießen aufgeführt
Vor kurzer Zeit erschien im Verlag Dohr Köln die Messe in C-Dur von Ferdinand Hiller in der Reihe „Denkmäler rheinischer Musik“. Jenes Werk nun zum, vermutlich, ersten Mal aufgeführt. Das Konzert wird Montag, 13.02.2023 in der Petruskirche Gießen stattfinden. Es musiziert der Oberstufenchor der Liebigschule Gießen unter Leitung von Peter Schmitt und Florian Ilge in Kooperation mit dem Hampshire County Youth Orchestra unter Leitung von Carl Claussen aus Winchester, England.
Tagungsbericht: Beethoven und seine rheinischen Musikerkollegen, Bonn, 10.–12. Juni 2022
13 Referent’innen und ein ein ansehnliches Publikum fanden sich zu einer dreitägigen Tagung im Kammermusiksaal des Bonner Beethoven-Hauses zusammen, um aktuelle Forschungen zu den Musiker’innennetzwerken auszutauschen, in denen der junge Ludwig van Beethoven in Bonn groß wurde. Man kennt sie kaum, die Hofmusiker’innen des kurfürstlichen Hofes und die mit ihnen verbundenen Persönlichkeiten des Musiklebens jener Zeit. Bis heute stehen sie im Schatten Beethovens. Aber geforscht wird zu den Themen an vielen Orten – Wissenschaftler’innen aus Deutschland, Österreich, der Schweiz, Italiens, der USA und weiterer Länder fügten ihre Erkenntnisse zu einem eindrucksvollen Mosaik zusammen.
Die Tagung der Arbeitsgemeinschaft für rheinische Musikgeschichte und des Beethoven- Hauses Bonn wurde vom Institut für Landeskunde und Regionalgeschichte des Landschaftsverbandes Rheinland und der Kunststiftung NRW gefördert. Christine Siegert leitete die Tagung, unterstützt von Sabine Meine, Stephan Schulmeistrat und Robert v. Zahn.
Die erste Sektion, moderiert von Julia Ronge, Beethoven-Haus, widmete sich der Familie Beethoven in Bonn. Jürgen May, Beethoven-Haus Bonn, relativierte das negative Bild, das Biografen bis ins Beethoven-Jubiläum 2020 hinein von Beethovens Vater Johann zeichnen. Meist erscheint er als negatives Gegenbild zu Leopold Mozart und dessen geschickter Förderung und Präsentation seines Sohnes. War Johann van Beethoven wirklich ein Alkoholiker, der gewalttätig werden konnte, musikpädagogisch unfähig agierte, dafür aber an der Verwertung der Musikalität seines Sohnes interessiert war? Dieses Bild ist auf wenige
und eher magere Quellen gestützt. In seiner Bewertung der Quellen säte May erhebliche Zweifel an der Authentizität der Schilderungen, ohne gleich ein anderes Charakterbild des Vaters entwerfen zu wollen. Als Moderatorin nahm ihn Julia Ronge danach ins Zwiegespräch und bestätigte dessen These durch eigene Überlegungen. Indizien sprechen zum Beispiel dafür, dass der Alkoholismus erst spät, nach dem Tode von Beethovens Mutter, zum Problem wurde.
Leonardo Miucci, Hochschule der Künste Bern, spürte in direkten Vergleichen zwischen verschiedenen Werken Mozarts und den Klavierquartetten WoO 36 van Beethovens den Einflüssen Mozarts auf Beethoven nach. Er führte Partien Beethovens so unmittelbar auf Partituren Mozarts zurück, dass man von bewussten Übernahmen Beethovens ausgehen muss. Vermutlich sind dem jungen Komponisten Werke Mozarts bewusst als erfolgreiche Vorlagen unterbreitet worden und die Musik Mozarts als ein ideales Arbeitsergebnis hingestellt worden.
Die zweite Sektion, moderiert von Christine Siegert und von Stephan Schulmeistrat, Deutsches Musikinformationszentrum, beleuchtete Bonner Musikerfamilien. Birgit Lodes, Universität für Musik und darstellende Kunst Wien, konnte krankheitshalber nicht selbst kommen – Elke Hager, Wien, verlas deren Manuskript. Lodes entfaltete tief verästelte Netzwerke der Hofmusikerfamilien in Bonn, ausgehend von Johann Peter Salomon, der seit 1781 in London wirkte und von dort aus das Londoner Konzertwesen, die Wiener Meister und auch Bonner Netzwerke verflocht. Das Netzwerk wurde zur Überlebenshilfe der
Musikerfamilien auf dem freien Musikmarkt.
Das Referat von Matthias Brzoska, Folkwang Universität der Künste Essen, über Antoine Reicha, Beethoven und die „Nobilitierung der Variation“ sollte per Videoübertragung erfolgen, weil Brzoska sich zu der Zeit in den USA aufhielt, doch die technische Verbindung wollte nicht zustande kommen.
Louise Bernard de Raymond, Université de Tours, und Fabio Morabito, University of Alberta, Edmonton, stellten ihre aufwändige Entschlüsselung des Netzwerks von Anton Reicha vor, das sie in einer Buchpublikation jüngst beschrieben haben. Ausgehend von einem zuvor unbekannten Brief Giacomo Meyerbeers an Reicha vom Mai 1835 analysierten sie die Beziehungen der vernetzten Musiker. Auch ein Schreiben Maximilian Stadlers erwies sich als indizienreich in Hinsicht des Musikerbeziehungsgeflechts.
Guido Johannes Joerg näherte sich Ferdinand Ries als einem Bearbeiter Beethovens, speziell von dessen Dritter Sinfonie, der „kitzlichsten aller Beethoven-Sinfonien“, so Ries. Jörg zeigte Ries als hingebungsvollen und stolzen Schüler und Adlatus Beethovens, der sich dessen Werk verpflichtet fühlt, andererseits aber auch als Arrangeur, der Aufträge Simrocks suchte, und in den Bearbeitungen seine persönliche Handschrift einbrachte. Die Sinfonie Es-Dur „Eroica“ ist schon bald nach ihrer Uraufführung als Klavierquartett erfolgreich verbreitet worden, dessen Arrangeur blieb allerdings anonym. Es war nicht Ries, dessen eigenes Arrangement erst zwanzig Jahre nach seinem Tod gedruckt wurde. Bis heute werden die beiden Arrangements verwechselt. Unterscheidungsmerkmal sind u.a. zwei Takte am Schluss der Exposition des Kopfsatzes, die Beethoven in späterer Arbeit am Werk tilgte und die auch in der anonymen
Bearbeitung fehlen. Bei Ries, der eine Vorlage aus seiner Zusammenarbeit mit Beethoven heraus verwendete, sind die Takte erhalten.
Auch Richard Sänger, Beethoven-Haus, widmete sich Netzwerken, namentlich solchen um Beethoven, um die Familie Ries und um den ersten Ehrenpräsidenten des Beethoven- Hauses, Joseph Joachim, herum. Zeugen von Netzwerken sind etwa Widmungen von Kompositionen. Franz Ries widmete seine Suite für Violine und Klavier op. 26 von 1872 dem seinerzeit berühmten Violin-Virtuosen Joachim. Ries’ Partner Hermann Erler bot Joachim im Januar 1873 an, dass Ries und er ihm das neue Werk vorspielen würden. Eine Antwort ist nicht bekannt, doch dem Geflecht der Beziehungen kann man fortan nachspüren. Zu den Indizien zählt ein Brief von Ries vom 2. April 1875 an Joseph Joachim, der in vielen Details Aufschluss über dieses Musikernetzwerk gibt.
Die dritte Sektion wandte sich, moderiert von Beate Kraus, Beethoven-Haus, der Bonner Hofkapelle und deren Musik zu. Elisabeth Reisinger, Universität für Musik und darstellende Kunst Wien, erforschte die Musikerinnen an der Hofkapelle. Diese besetzte die hohen Stimmen mit zumeist sechs Sängerinnen, die an der Tafel, in der Kirche und in der Kammermusik zu singen hatten. Einige stammten aus Bonn, eine aus Mainz, eine aus Koblenz. Auch als Solistinnen wurden sie eingesetzt, etwa in der Messe in Es-Dur von Davide Perez oder in der Motette „Leves aurae“ von Andrea Lucchesi. Der Kurfürst verstärkte das
Orchester nach 1789, das Vokal-Ensemble hingegen nicht, die Klang-Balance muss sich deutlich geändert haben. Reisinger sieht die Forschung bezüglich der Musikerinnen als einen Ausgangspunkt zu weiteren Forschungen in Hinsicht des Bonner Hofs (Organisation, Individuen), des Hofs auch im Vergleich zu anderen Höfen sowie auf einer Makroebene zu generellen Erkenntnissen bezüglich Aufführungspraxis, Ästhetik und der Partizipation an musikalischen Aufführungen. Wichtig ist dabei für die Forschung auch die Münsteraner Domkapelle, die durch die Personalunion der Dienstherren der Bonner eng verbunden war. Sie liefert Dokumente, die auch Aufschluss über die Bonner Kapelle geben.
Zwei Referate näherten sich dem Werk und der Überlieferungslage zu Andrea Lucchesi, und beide Referentinnen, Anna Sanda und Christine Siegert, stehen wie auch Elisabeth Reisinger in Verbindung mit einem ergebnisreichen Forschungsprojekt zu den kurkölnischen Musiksammlungen bei Erzherzog Maximilian Franz, bei dem die Universität für Musik und darstellende Kunst Wien und das Beethoven-Haus kooperieren. Unter der Ägide von Birgit Lodes geht eine Gruppe von Wissenschaftler’innen den Facetten der Bestände nach. Anna Sanda ist dabei die Spezialistin für Liturgie und Musikpraxis. In der Tagung näherte sie sich den kirchenmusikalischen Kompositionen für die Advents- und Weihnachtszeit und untersuchte dabei die Arbeit Andrea Lucchesis.
Christine Siegert fokussierte hingegen auf eine Kantate, die Hofkapellmeister Lucchesi zur Weihe von Maximilian Franz zum Erzbischof von Köln komponiert hatte. Ihr Text ist beziehungsreich aus verschiedenen Texten des Wiener Hofdichters Pietro Metastasio zusammengesetzt, so dass der von Lucchesi vertonte Text auf verschiedene dynastische Feierlichkeiten des Wiener Kaiserhofs anspielt und die Maximilians Familie gleichsam virtuell auf die Bühne bringt. Beethoven vertonte vor diesem Hintergrund ein Rezitativ aus einer weiteren Kantate Metastasios (Skizze Beethoven-Haus Bonn, BH 117) und näherte sich damit der italienisch geprägten Festkultur.
Die abschließende Sektion verfolgte, moderiert von Robert v. Zahn, Landesmusikrat NRW, Zirkel, Lesegesellschaften, Verlagsunternehmen und Presserezeption im Rheinland um 1800. Joanna Cobb Biermann, University of Alabama, entblätterte die Zirkel, Logen und Lesegesellschaften, die sich in Bonn vor und nach 1800 bildeten und ihre politischen Zielsetzungen. Die erste Freimaurerloge in Bonn bestand aus elf Personen, von denen mit Simrock, Neefe und Ries immerhin drei Musiker waren. Simrock war der politisch radikalste. Aus verschiedenen Geheimbünden heraus veröffentlichte er Ideen der politischen
Partizipation, die ihm und weitere schließlich die Ehre eintrugen, in einem Katalog der „Vaterlandsverräter“ eingetragen zu werden. Beethoven befand sich in seiner Jugend offensichtlich in einem politischen Spannungsfeld seiner Umgebung.
Matthias Wessel, Studienseminar Minden, verfolgte die Aktivitäten des Magazins de Musique, das Simrocks Kooperationspartner Kuntze in Beuel betrieb. War Kuntze ein gestaltender Partner, der immerhin auch 19 eigene Ausgaben veröffentlichte, oder betrieb er ein Schattenunternehmen, das es Simrock ermöglichte, am französischen Urheberrecht vorbei Drucke herauszubringen? Wessel präsentierte eine detailreiche Spurensuche.
Der Pianist Ivan Grbesa, Kunst- und Musikschule Brühl, hat zwei Jahre lang die Musikberichterstattung des Bonner Wochenblatts in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts untersucht. Wie zeigt sich dort die Wirkung der Werke Beethovens und seiner rheinischen Zeitgenossen? Neefe, die Ries-Familie und natürlich Beethoven selbst wurden viel gespielt. Es gab keinen Einbruch der Popularität der Musik Beethovens in den Jahren nach seinem Tod, so Grbesa, doch es wurden viele Werke gespielt, die später weniger im Fokus der Öffentlichkeit standen.
Zum Rahmenprogramm der Tagung gehörte die Sonderausstellung „Kleine Denkmäler. Beethoven in der Medaillenkunst“. Zentraler Bestandteil der Ausstellung ist die von der Numismatischen Gesellschaft Bonner Münzfreunde e.V. betreute Beethoven-Medaillen-Edition des Jubiläums-Jahrs, wobei die Werke von Grit Bergner und Lucia Maria Hardegen explizit Beethovens Jugendzeit in Bonn visualisieren. Weitere Ausstellungsstücke dokumentieren ebenfalls Beethovens Verbindung nach Bonn, so etwa die von Theodore Gruner und Manfred van Rey gestalteten Gedenkmedaillen oder der von Beethoven seinem
Bonner Jugendfreund Franz Gerhard Wegeler gewidmete Porträtstich von Friedrich Dürck. Dass ein Großteil der Leihgaben für die Dauerausstellung aus der Sammlung Offermann aus Bensberg stammt, zeigt nicht zuletzt die Bedeutung regionaler Sammler für die Beethoven-Rezeption. Ein Sonderabend der Ausstellung während der Tagung bot auch ein musikalisches Programm u.a. mit dem Capriccio „Die Wut über den verlorenen Groschen“ und der Arie des Rocco „Hat man nicht auch Gold beineben“ (Dmitry Gladkov, Klavier; Joel Urch, Bariton).
Die Abschlussdiskussion zur Tagung legte der Arbeitsgemeinschaft für rheinische Musikgeschichte mindestens eine weitere Tagung nahe. Gezeigt hatte sich, dass es in Bezug auf die Musiker’innennetzwerke noch etliche Desiderate gibt und das an vielen auch gearbeitet wird. Vor allem die Arbeit der Frauen, zumal die der Sängerinnen in der Bonner Hofkapelle, ist in mancher Hinsicht unklar.
Robert v. Zahn, Köln, 21.6.2022
Tagung – Beethoven und seine rheinischen Musikerkollegen, 10. – 12. Juni 2022, Bonn
In seiner Jugend in Bonn war der junge Organist, Hofmusiker und Komponist Beethoven in ein überaus fruchtbares Musikleben integriert, das ihn entscheidend prägte. Allerdings stehen seine Zeitgenossen, deren musikalisches Handeln und ihre Kompositionen noch immer im Schatten des Jubilars. Die internationale Konferenz nimmt diese Desiderate auf und stellt Beethoven auf diese Weise in neue oder veränderte Kontexte. Dabei sollen sowohl einzelne Biographien weiter erhellt als auch systematische Fragestellungen untersucht werden.
Eine Tagung der Arbeitsgemeinschaft für rheinische Musikgeschichte in Kooperation mit dem Beethoven-Haus Bonn und der Ferdinand-Ries-Gesellschaft e.V. , gefördert vom Landschaftsverband Rheinland, von der Kunststiftung NRW und vom Beethoven-Haus Bonn
TAGUNGSLEITUNG
Prof. Dr. Christine Siegert (Beethoven-Haus Bonn, Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft für rheinische Musikgeschichte)
ABLAUF
10. JUNI 2022
14:00 Begrüßung und Einführung
Malte Boecker (Direktor des Beethoven-Hauses Bonn),
Prof. Dr. Christine Siegert (Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft für rheinische Musikgeschichte)
Sektion 1: Familie Beethoven in Bonn
Moderation: Prof. Dr. Tobias Janz (Universität Bonn)
14:30 Dr. Jürgen May (Beethoven-Haus Bonn): Leopold Mozarts trauriges Gegenbild? Johann van Beethoven im Fokus der Biographen
15:15 Dr. Leonardo Miucci (Hochschule der Künste Bern): Beethoven’s WoO 36 Piano Quartets: between conservation and innovation
16:00 Prof. Dr. Christine Siegert (Beethoven-Haus Bonn): Beethoven vertont Metastasio. Zum Skizzenblatt BH 117 des Beethoven-Hauses Bonn
16:45 Pause
Sektion 2: Die Musikerfamilie Ries
Moderation: Dr. Julia Ronge (Beethoven-Haus Bonn)
17:15 Richard Sänger M.A. (Beethoven-Haus Bonn): Zur Beethoven-Biographie von Franz Gerhard Wegeler und Ferdinand Ries
18:00 Guido Johannes Joerg M.A.: „die kitzlichste aller Beethoven-Sinfonien“ – Ferdinand Ries als Bearbeiter Beethovens, am Beispiel seiner Klavierquartett-Fassung der „Eroica“
11. JUNI 2022
Fortsetzung Sektion 2
9:00 Philipp Leibbrandt MA (Ludwig-Maximilians-Universität München): Im Schatten Beethovens? Neues zum Leben und Wirken von Ferdinand Ries
9:45 Dr. John D. Wilson (Österreichische Akademie der Wissenschaften, Wien): Johann Ries als Kirchenmusikkomponist
10:30 Pause
Sektion 3: Die Bonner Hofkapelle im Kontext
Moderation: Prof. Dr. Wolfram Steinbeck (Universität zu Köln)
11:00 Prof. Dr. Sabine Meine: Ein Venezianer in der Hofkapelle: Kapellmeister Andrea Lucchesi
11:45 Anna Sanda M.A. (Universität Wien): Kirchenmusikalische Kompositionen für die Advents- und Weihnachtszeit am Bonner kurfürstlichen Hof von Maximilian Franz. Die Rolle des Kapellmeisters Andrea Lucchesi
12:30 Pause
13:30 Prof. Dr. Birgit Lodes (Universität Wien): Elegien und andere Todeskompositionen von Hofmusikern des Kurfürsten Maximilian Franz
14:15 Prof. Dr. Fabian Kolb (Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Frankfurt a.M.): Widmungskompositionen für die Kurfürsten von Köln, Mainz und Trier
15:00 Elisabeth Reisinger: Beethovens Musikerkolleginnen: Zu den hohen Stimmen an der Bonner Hofkirche
16:00 Pause
17:00 Mitgliederversammlung der Arbeitsgemeinschaft für rheinische Musikgeschichte, Seminarraum Bonngasse 21
18:30 Beirat der Arbeitsgemeinschaft für rheinische Musikgeschichte (Restaurant Stiefel)
20:00 Konzert, Kammermusiksaal des Beethoven-Hauses
Begrüßung: Dr. Barbara Mühlens-Molderings (Ferdinand-Ries-Gesellschaft e.V.)
mit Werken von Ludwig van Beethoven, Ferdinand Ries, Johann Peter Salomon und Christian Gottlob Neefe
12. JUNI 2022, 9:00 Uhr
Sektion 4: Antonín Reicha
Moderation: Prof. Dr. Fabian Kolb (Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Frankfurt a.M.)
9:00 Prof. Dr. Matthias Brzoska (Folkwang Universität der Künste, Essen): Reicha, Beethoven und die „Nobilitierung der Variation“
9:45 Prof. Dr. Louise Bernard de Raymond (Université Tours) und Dr. Fabio Morabito (University of Alberta, Edmonton): Antoine Reicha and the Making of the Nineteenth-Century Composer
10:30 Pause
Sektion 5: Bonn im späten 18. und frühen 19. Jahrhundert
Moderation: Prof. Dr. Robert von Zahn (Landesmusikrat Nordrhein-Westfalen)
11:00 Dr. Matthias Wessel: Der Musikverlag N. Simrock und das „Magazin de Musique“ in Beuel
11:45 Ivan Grbesa, MA (Hochschule für Musik und Tanz Köln): Beethoven und seine rheinischen Musikerkollegen in der Bonner Presse
12:30 Joanna Cobb Biermann: Die Aufklärung in Bonn
13:15 Abschlussdiskussion
15:00 Besuch des Museums des Beethoven-Hauses
Internationales Symposium – Jacques Offenbach, der Europäer: Musik und Gesellschaft, 19. – 20. Juni 2019, Köln
Als Komponist von mehr als 140 Bühnenwerken unterschiedlichster Genres war Jacques Offenbach (1819-1881) eine Zentralfigur der europäischen Musik- und Theatergeschichte des 19. Jahrhunderts. Geboren 1819 in Köln und gestorben 1880 in Paris, gilt Offenbach gemeinhin als »Erfinder der Operette«. Seine Werke wurden in unzählige Sprachen übersetzt und standen in ganz Europa auf den Spielplänen, nicht wenige davon bis in die Gegenwart hinein. Anlässlich seines 200. Geburtstags wird auf dem Symposium, das am 21. und 22. Juni 2019 an der Opéra-Comique in Paris seine Fortsetzung findet, eine europäische Sichtweise auf das Werk des jüdischen Komponisten entworfen werden. Dabei sollen erstmals in einem internationalen wissenschaftlichen Rahmen die vielfältigen historischen, gesellschaftlichen und künstlerischen Diskurse und Kontexte untersucht werden, mit denen das Musiktheater Offenbachs verbunden ist.
TAGUNGSLEITUNG
Prof. Dr. Arnold Jacobshagen, Hochschule für Musik und Tanz Köln
Prof. Dr. Jean-Claude Yon, Université de Versailles, Saint-Quentin-en-Yvelines
Dr. Ralf-Olivier Schwarz, Hochschule für Musik und Darstellende Kunst, Frankfurt/Main
Ein Gemeinschaftsprojekt
der Hochschule für Musik und Tanz Köln
Universität zu Köln
Université de Versailles St. Quentin-en-Yvelines
Arbeitsgemeinschaft für rheinische Musikgeschichte
Hochschule für Musik und darstellende Kunst Frankfurt
Kölner Offenbach-Gesellschaft e.V.
Opéra-Comique Paris
Kirchenmusik in den Gemeinden: Konfessionen-verbindende Tagung, 21.-22. Juni 2018, Düsseldorf
Der Entwicklung geistlicher Musik in den kirchenmusikalischen Zentren galt schon manche Tagung und manche Publikation. Weit weniger Augenmerk galt der Kirchenmusik in den Gemeinden und ihrer realen Praxis im Rheinland. Eine Tagung soll nun Entwicklungen in den katholischen und evangelischen Gemeinden aufzeigen, Probleme benennen und Lösungen finden. Kirchenmusikerinnen und -musiker, Aktive aus den Gemeinden und Experten geben kurze Berichte und Statements, die im weiteren Tagungsverlauf diskutiert und weiterentwickelt werden.
Das Symposion trägt den Titel „Kirchenmusik in den Gemeinden“ und richtet sich an Kirchenmusiker, Chöre, Interessierte an Kirchenmusik, Musikwissenschaftler, Historiker und Aktive in der Gemeindearbeit.
Die Mitglieder der Vorbereitungsgruppe setzen sich aus unterschiedlichen Trägerinstitutionen zusammen. Für das Erzbistum Köln ist Erzdiözesankirchenmusikdirektor Professor Richard Mailänder dabei, für die Evangelische Kirche im Rheinland Landeskirchenmusikdirektor Ulrich Cyganek. Die Arbeitsgemeinschaft Rheinischer Musikgeschichte vertritt Professor Dr. Robert von Zahn, die Robert Schumann Hochschule Düsseldorf Professor Dr. Dr. Volker Kalisch. Auch der Landesmusikrat NRW und die Musikhochschule Köln wirken mit. Gemeinsam wurden sieben praxisbezogene Fragen an die Referenten festgelegt. Fünf Moderatoren bündeln die Inhalte und führen diese ins offene Gespräch.
Ein weiterer Aspekt sind 150 Jahre Chorleben im Rheinland. Dabei geht es vor allem um die Bedingungen, Erfahrungen und Zielsetzungen der chorischen Arbeit in den Gemeinden. Mit Vorträgen begleitet wird das Symposion von dem Theologen Professor Dr. Peter Bubmann von der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg und dem Musikwissenschaftler Professor Dr. Michael Heinemann von der Hochschule für Musik Carl Maria von Weber Dresden.
Eine Tagungsgebühr wird nicht erhoben. Um Anmeldung wird gebeten. Ansprechpartner ist Regionalkantor Dr. Odilo Klasen, Telefon (0211) 61 01 93 17, Email obmkls@gmx.net.
Das Bonner Beethoven-Haus 1933-1945. Eine rheinische Kulturinstitution im „Dritten Reich“, 17. Juni 2016, Bonn
Die Arbeitsgemeinschaft für rheinische Musikgeschichte veranstaltet in Kooperation mit dem Bonner Beethoven-Haus und dem Institut für Geschichtswissenschaft der Universität Bonn einen Roundtable zum Thema „Das Bonner Beethoven-Haus 1933-1945. Eine rheinische Kulturinstitution im ‚Dritten Reich’“. Es diskutieren Joachim Scholtyseck (Universität Bonn), Patrick Bormann (Universität Bonn), Norbert Jers (Arbeitsgemeinschaft für rheinische Musikgeschichte) und Christine Siegert (Beethoven-Haus Bonn).
Moderation:
Yvonne Wasserloos
Termin:
Freitag, 17.06.2016
16:00 Uhr
Veranstaltungsort:
Beethoven-Haus, Bonngasse 18-26, 53111 Bonn
Musik im preußischen Rheinland (1815–1918) – Interdisziplinäres Symposium, 25./26. Juni 2015, Köln
„200 Jahre Preußen am Rhein“: Im Zuge des Wiener Kongresses und der Neuordnung Europas wurde das Rheinland 1815 Preußen zugeschlagen. Damit begann eine intensive politische, kulturelle, soziale und wirtschaftliche Beziehung zwischen der Rheinprovinz und dem preußischen Kernland, die nicht immer unproblematisch war und noch heute in vielen Bereichen spürbar nachwirkt. Aus diesem Anlass finden im Jahr 2015 zahlreiche kulturelle und wissenschaftliche Veranstaltungen statt, die in Koordination durch den Rheinischen Verein für Denkmalpflege und Landschaftsschutz die 200-jährige, überaus wechselvolle Beziehung in ihren unterschiedlichen Facetten würdigen.
Die Arbeitsgemeinschaft für rheinische Musikgeschichte, der Landschaftsverband Rheinland, die Hochschule für Musik und Tanz Köln, die Universität der Künste Berlin, der Universität Mainz veranstalten ein Symposium zum Thema „Musik im preußischen Rheinland (1815–1918)“, das am 25./26. Juni 2015 in Köln stattfinden soll. Auf dieser Tagung sollen die Auswirkungen der „Preußenzeit“ auf die Musik und das Musikleben im Rheinland in den verschiedenen Bereichen untersucht werden. Themenfelder sind die Bildungs- und Musikpolitik, die öffentliche Festkultur, das politische Lied, die Kirchenmusik, die Militärmusik und sozioökonomische Aspekte der bürgerlichen Musikkultur.
Veranstaltungsort: LVR-Haus, Hermann-Pünder-Straße 1, 50679 Köln
Vorläufiges Programm
DONNERSTAG, 25. JUNI 2015
GEORG MÖLICH (Landschaftsverband Rheinland): Politik und Kultur im preußischen Rheinland
ARNOLD JACOBSHAGEN (Hochschule für Musik und Tanz Köln): Die Niederrheinischen Musikfeste aus preußischer Perspektive
CHRISTINE SIEGERT (Universität der Künste Berlin): Politikum Beethoven
MANFRED HEIDLER (Zentrum Militärmusik der Bundeswehr Bonn): Militärmusik als Teil bürgerlicher Alltagskultur
ACHIM HOFER (Universität Koblenz-Landau): Friedrich Wilhelm Wieprecht (1802–1872) und die preußischen Rheinlande im Spiegel seiner (Reise-)Briefe und anderer Dokumente
KAI-MICHAEL SPRENGER (Institut für Geschichtliche Landeskunde Mainz): Konkurrenzen? Preußische und österreichische Musikpflege in der Bundesfestung Mainz
FREITAG, 26. JUNI
FABIAN KOLB (Universität Mainz): Bürgerliche Identität – städtische Profilierung – munizipale Strukturen. Zur Institution des „Musikdirektors“ im preußischen Köln 1840–1885
KLAUS WOLFGANG NIEMÖLLER (Universität zu Köln): Jüdische Musikpersönlichkeiten im Spannungsfeld von preußischem Königshaus und katholischem Köln nach 1848
URSULA KRAMER (Universität Mainz): Schauspielmusik und „Mustertheater“: Eduard Devrient und die preußischen Reformideen am Rhein
YVONNE WASSERLOOS (Robert Schumann Hochschule Düsseldorf): Felix Mendelssohn Bartholdy und die Düsseldorfer Kirchenmusik
MARIE LOUISE HERZFELD-SCHILD (Berlin): Heilig & apostolisch – stereotyp & historisch: Heinrich Bones katholisches Gesangbuch Cantate! als Zeugnis ultramontanistischer Kirchenmusikauffassung im Preußischen Rheinland
AXEL BEER (Universität Mainz): Überlegungen zum Musikalienhandel in der preußischen Rheinprovinz bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts
CHRISTIAN DE WITT (Folkwang Musikschule Essen): Die Entwicklung der Kölner Musikhochschule im preußisch-rheinischen Kontext seit dem 19. Jahrhundert
FRANZISKA STOFF (UdK Berlin): Die Musikhochschule in Köln und ihre Rolle in der Preußischen Kulturpolitik im Spiegel ihrer Berliner Parallelüberlieferung
SABINE MECKING (Fachhochschule für öffentliche Verwaltung NRW Duisburg): Das singende Rheinland. Gesangsvereine und musikalisches Leben in Düsseldorf im 19. Jahrhundert
CHRISTOPH MÜLLER-OBERHÄUSER (HfMT Köln): Männergesangsvereine und ihre politische Bedeutung.
Gefördert von Landschaftsverband Rheinland.